Schlepper-Technik

wichtige Pflegearbeiten vor Startversuchen
mit Dornröschen und auch Scheunenfunden

Nach den mühseligen Anfängen der Oldtimerszene hat sich viel verändert und haben auch die meisten alten Trecker schon mehrere Male ohne Beistand eines hilfreichen Werkskundendienstes ihre Besitzer gewechselt. Das liest sich dann so: ".....habe einen alten Lanz Trecker von meinem Opa geerbt und leider null Ahnung, da mein Opa mir die Technik nicht mehr erklären konnte. Ich weiß auch nicht, wie lange er schon in Opas Obstgarten steht, habe ihn aber mit Startpilot zum Laufen gekriegt. Was kann ich noch machen? Danke im Voraus!"
( 1 ) In den vielen Trecker-Clubs haben sich die neuen Herausforderungen noch wenig herumgesprochen und zu Schlepper-Pflege Workshops geführt. Deshalb stoß ich dieses wichtige Thema hier mal an. Schlepperpflege ist kein längst überholter Zeitvertreib aus Opas Erinnerungskiste sondern ist immer noch Vorraussetzung für störungsfreien Einsatz. Wer seinen alten Trecker nur in einer Sammlung oder einem Museum zeigen möchte, darf diesen Beitrag überschlagen. Opas Enkel aber hätte lieber den alten Trecker fotografieren sollen, als ihn zu starten. Denn durch einen unqualifizierten Startversuch nach langer Standzeit kann viel kaputt gemacht werden, viel Kummer entstehen, und teuer kann`s auch werden.

( 2 ) Es ist selbstverständlich, dass Kolben und Zylinderlaufbahn nach dem Hohnen und vor dem Einbau des Kolbens mit sauberem Öl eingeschmiert werden. So selbstverständlich sollte auch sein, dass Dornröschen nicht ohne Vorbereitung gestartet werden darf und Motor und Einspritzpumpe dabei bis zum Aufbau eines schützenden Ölfilms und Öldrucks trocken laufen und Schaden nehmen.
Auch die empfindliche Einspritzpumpe ist nach langer Standzeit betroffen und möglicherweise festgegammelt.
Und sie darf nicht einfach bei Drehversuchen am Motor losgerissen werden. Andernfalls drohen unerkannte Schäden und später andauernde Startschwierigkeiten. Das Öl lässt sich durch die Ventile oder beim Zweitakter durch die Kerzen- oder die Kontroll-bohrung im Zylinder in den Zylinderraum eingeben und nach Lösen der Einspritzpumpe durch behutsame Pendelbewegungen an der Kurbelwelle per Hand verteilen.

( 3 ) Die Kolben der Einspritzpumpe sind noch empfindlicher gegen trockene Reibung oder verschmutzten Kraftstoff als ihre großen Brüder im Motor. Denn sie dichten bei sehr hohem Druck ohne Kolbenringe nur durch das geringe Spaltmaß gegen den Pumpenzylinder und müssen immer gut geschmiert werden. Das ist beim Betrieb mit Dieselkraftstoff gewährleistet. Bei Anwendung von Startbenzin muss Zweitaktöl 1:25 oder Dieselöl 1:2 zugemischt werden.
Schon hauchfeine Riefen oder Verschleiß durch trockene Reibung haben ein Nachlassen der Pumpenleistung und Startprobleme zur Folge. Deshalb muss bei den ersten Drehversuchen per Hand sehr behutsam vorgegangen und zuerst die Pumpe gangbar gemacht werden.

( 4 ) Wenn Kondenswasser aus dem Tank in die Dieselanlage gedrungen ist, besteht für die Einspritzpumpe ein hohes Risiko durch Rost und Frost und muss vor Drehen am Motor Caramba in den oder die Pumpenzylinder gegeben werden. Dazu wird nach Reinigen der Einspritzpumpe von jedem Pumpelement das Druckventil abgeschraubt und zur Eingabe von Caramba das Tauchkölbchen herausgezogen.

( 5 ) Logischerweise fängt die Wiederbelebung des alten Treckers also nicht mit der Drehkurbel an sondern mit der Reinigung des Dieselfilters und dem Ersatz der Filterpatrone.

( 6 ) Die 1.Maßnahme zur Filterpflege muss die Kontrolle auf Wasser im Diesel sein. Dazu wird bei geschlossenem Absperrhahn die Ablassschraube über einem leeren und sauberen Marmeladenglas herausgedreht. Wenn sich danach kein Wasser unten im Glas absetzt, ist die Einspritzpumpe bis zuletzt mit Dieselöl geschmiert worden, wahrscheinlich nicht fest und muss darum auch nicht mit Caramba gelöst werden. Der Dieselfilter hat in den Halb= und Volldiesel-Bulldogs einen Grobfilter aus Filzmaterial. Der war in den 1950iger Jahren wegen der damals noch geringen Reinheit des Dieselkraftstoffs notwendig. Jetzt genügt eine neue und passende Diesel-Feinfilterpatrone. Der Filzring kann in sauberem Dieselöl gewaschen und wieder verwendet werden.

( 7 ) Wie kommt Wasser in einen Dieseltank? Oberschlaue haben mal was von Kondenswasser gehört. Für sie müsste die Frage anders gestellt werden: "Wie kann ich Kondenswasserbildung im Dieseltank verhindern?"
Es entsteht, wenn bei der Arbeit der Diesel im Tank durch nachströmende warme Luft ersetzt wird und bei abkühlenden Temperaturen in der Regel nachts abkühlt. Luft kann nämlich um so mehr Wasser speichern, desto wärmer sie ist. Beim Abkühlen kondensiert nämlich der bisher unsichtbare Wasseranteil und geht dabei vom gasförmigen in den flüssigen Zustand über.

( 8 ) Das Wasser sammelt sich am Tankboden, weil es schwerer als Dieselöl ist. Es kommt auch nicht gleich literweise dort hin, sondern je nach Verhältnissen eher fingerhutvoll aber unaufhaltsam bis zum Anstieg über die erhöht angebrachte Absaugöffnung. Danach gelangt es in die Dieselanlage und ruiniert durch verminderte Schmierung unbemerkt die Einspritzpumpe. Nach langer Standzeit kann es durch Wasser zum Festgehen der Dieselpumpe kommen und bei Frost zum Totalschaden.

( 9 ) In der Oldtimerszene hatten nicht alle Dornröschen völlig verrostete Dieseltanks, warum? Trecker, die in ihrer Dienstzeit immer sofort nach der Arbeit wierderaufgetankt wurden, zeigen nur wenig Rost am Tankboden. Auf so einem Betrieb bin ich ausgebildet worden, wo auch nachts und auch nach einem viel zu langen Einsatzt vor Feierabend erst aufgetankt werden musste. Mein Chef beantwortete meine entsprechende Frage mit einem Schmunzeln:"Wenn die Russen kommen, sind wir schneller weg." Das war in den 1950iger Jahren so kurz nach dem Krieg noch ein vorstellbares Schreckgespenst. In Wirkichkeit ging es aber darum, den Schlepper unter allen auch unabsehbaren Bedingungen einsatzbereit zu halten.

( 10 ) Kondenswasser bildet sich in allen Gehäusen mit Luftaustausch und unter wechselnden Temperaturen. Betroffen sind das Getriebe, auch das Lenkgetriebe und der Drehzahlregler. Das Wasser setzt sich in Ruhe unten ab und zerstört im Betrieb beim Verquirlen mit Öl dessen Schmierkraft. Dabei verändert das öl sein goldgelbes Aussehen in schlammig dunkel.

( 11 ) Ab den Halbdiesel-Bulldogs wurden auch konkurierende Schlepper mit Ölbad-Luftfiltern ausgerüstet. In ihnen prallt die ungereinigte Ansaugluft auf eine öloberfäche in der Ölwanne und hält dabei enthaltene Schmutzpartikel im Öl zurück, die sich am Boden der ölwanne absetzten. Die saubere Ansaugluft muss vor Verlassen des Luftfilters durch 2 Trockner-Ebenen aus speziell zubereiteten Kokosfasern und streift dort das öl ab. So ein Filter war damals eine gewaltiger Fortschritt gegen die primitiven Luftfilter vorher. Sie garantierten bei sorgfältiger aber einfacher Pflege absolut saubere Ansaugluft für den Motor.

( 12 ) Aber auch damals gab es schon Treckerfahrer ohne Bock auf Schlepperpflege. Von so einem Spezi übernahm ich einen Unimog, der nur noch trockenen Absatz in der Ölwanne und dem Unimog unbekannt lange schon ungefilterte Luft zugemutet hatte. Bei der täglichen Kontrolle wird nur das Ölbad bis zur eingestanzten Markierung ergänzt. Zur Pflege ist der untere Trockner herausnehmbar und kann in Dieselöl ausgespült werden, muss aber vor dem Einsetzen erst abtropfen. Das obere und weniger verschmutzte Öl kann abgegossen und wieder verwendet werden. Der Rest kommt zum Altöl. Danach wird der Bodenabsatz entsorgt, die Ölwanne sorgfältig gereinigt und bis zur Markierung mit neuem Öl gefüllt.

( 13 ) In der Oldtimerszene gibt es Trecker, deren Trocknerfüllungen zerbröselt sind und sich in Richtung Motor verabschiedet haben. Deshalb ist jetzt nach so vielen Jahren bei der Luftfilter-Kontrolle auch eine Kontrolle der Trocknerfüllung notwendig. Denn die Kokosfasern müssen sich bei den vielen Druckwechseln im Luftfilter bewegen und darum elastisch genug sein. Bei einem Wechsel der Trocknerfüllung kommen eher Haushalts-Putzschwämme aus gereinigten, stabilen Federstahl-Streifen in Frage als Kokosfasern aus dem Tierhandel. Wichtig ist, dass keine Schmutz= oder Trocknerteile in den Motor gelangen können.

( 14 ) Darum bietet sich ein Umbau des Ölbadluftfilters mit einer Trocken-Filterpatrone an. Sie muß mit ihrer Öffnung das Saugrohr vom Pilzdach umschließen und unten nach Möglichkeit dicht sein. Aus dem unteren Trockner wird das obere Lochgitter herausgeschnitten und die Restfüllung entfernt. Danach kann sich die Filterpatrone unten auf dem Prallblech des Trockners abstützen. Der Boden vom oberen Trockner und die Füllung müssen ebenfalls entfernt werden. Die ungefilterte Luft befindet sich jetzt in der Filterpatrone, die gefilterte Luft draußen. Damit keine ungefilterte Fremdluft angesaugt werden kann, müssen die Gummidichtungen von Ölwanne und Trockner in Ordnung sein.

( 15 ) Wer mit einem fremden Fahrzeug startet, ist gut beraten, vorher die wichtigsten Zustände wie Tankinhalt, Ölpeilstab, Kühler, Reifen und Licht zu prüfen. Eigentlich ist das selbstverständlich. Wie Videos von YouTube zeigen, ist es aber nicht. Wer also klüger ist und seinem Dornröschen beim 1.Start nicht schaden möchte, schaut nicht nur nach dem Motoröl, ob es lieber vorher gewechselt werden sollte, sondern auch nach dem Ölstand im Drehzahlregler. Bei allen Halb= und Volldiesel-Bulldogs gibt es bei der Prüfung des Reglerölstands eine Besonderheit, die zu teuren Irrtümern führen kann. Beim Herausdrehen der Kontrollschraube kommt nämlich auch Öl, wenn im Regler nichts mehr ist. Das liegt an der Rohrleitung zwischen der Prüfbohrung im Reglergehäuse und der Kontrollschraube am Schwungradschutz. Sie füllt sich bei den 1.Motorumdrehungen mit frischem Öl und bleibt auch nach Absinken des Ölstands gefüllt. Deshalb bleibt zur Prüfung des Regler-Ölstands die Kontrollschraube so lange geöffnet, bis nach Einfüllen von sauberem Motorenöl oben in den Regler es an der Kontrollschraube zu tropfen beginnt.

( 16 ) Vor Dornröschens 1.Start lohnt es immer, die Ölablassschraube vom Regler heraus zu schrauben und das herauslaufende Öl gut anzuschauen. Wenn es schlammig und wässerig ist, muss mit festgerosteten Reglerteilen gerechnet werden. In dem Fall darf nicht gestartet werden, weil der Regler auf Vollgasstellung festgerostet ist und der Motor nach dem Anspringen übertourt.

( 17 ) Um den Regler nicht gleich zerlegen zu müssen, würde ich ihn mit Caramba befüllen und nach ein paar Tagen über den Motor zu drehen versuchen. Beim Ablassen des Rostlösers kommt auch Dreck mit raus. Deshalb würde ich den Rostlöser filtern, wieder einfüllen und wieder am Regler drehen und diese Prozedur so lange wiederholen, bis kein Dreck mehr kommt und der Regler wieder gangbar scheint. Erst, wenn der Absteller einwandfrei funktioniert, darf der Motor mit einer Caramba-Füllung im Regler gestartet und muss beim Übertouren sofort abgestellt werden.

( 18 ) Es besteht bei laufendem Motor die Chance, dass Fliehkraft die Reglergewichte nach außen zieht und aus der Erstarrung löst. Wenn der Motor wieder gleichmäßig im Leerlauf ist und aus allen Drehzahlbereichen wieder schnell zum Leerlauf zurück findet, kann die Caramba-Füllung gegen Motorenöl gewechselt werden. Diese Füllung muss nach ca 10 Std. Betriebszeit noch mal gegen die endgültige Ölfüllung getauscht werden. Die beschriebenen Ölwechsel sind wegen des festgerosteten Reglers notwendig geworden und ermöglichen eine Wiederherstellung ohne Zerlegung.

( 19 ) Der Auspuff dient bei viertaktenden Schleppern nur als Schalldämpfer und muss nicht gewartet werden. Aber bei allen zweitaktenden Dieseln ist er ein wichtiger Wartungspunkt. Denn Ruß und Öl setzen mit der Zeit die Siebbohrungen und Schlitze im Abgassystem zu und verhindern den Gasaustausch des Motors. Dabei sinkt die Leistung und steigt die Motortemperatur bis zum Festgehen vom Kolben. Weil die Reinigung ohne Übung und richtiges Zubehör eine Drecksarbeit wird, ist sie nicht beliebt und wird zu wenig ausgeführt und darum für viele zweitaktenden Oldtimer zu einem echten Problem. Wer einen alten Lanz erwirbt, muss mit einem verrußten Auspuff rechnen und sollte den Motor erst nach den beschriebenen Wartungsarbeiten und nach Reinigung der Abgaswege zum ersten Mal starten.

( 20 ) Die Batterie wird immer zuerst am Pluspol angeschlossen und beim Ausbauen immer zuerst vom Minuspol getrennt. Eine entladene Batterie zerstört sich selbst. Deshalb soll sie nach einem Start ohne folgende Ausfahrt sofort wieder nachgeladen werden. Fahren mit Licht geht nur mit den alten und lichtschwachen Glühbirnen. Mit 2x35W Abblend= und 4x10W für Rück= und Begrenzungsbirnen verbraucht die Beleuchtung 110W und erschöpft die Batterie mit der üblichen 75W-Gleichstrom-Lichtmaschine. Dann bleibt kein Strom für den nächsten Start. Nach der Saison überwintert die Batterie am Besten gut geladen, warm und trocken. 2x Nachladen gehört zur Pflege. In modernen Batterien ist das nachfüllen von destilliertem Wasser nicht mehr notwendig. Eine gut behandelte Batterie kann bei hoher Startsicherheit locker 12-15 Jahre alt werden.

( 20 ) Nach der Saison gilt immer noch, was über Kondenswasser geschrieben wurde, also alle Tanks bis oben gefüllt, Frostschutz in Ordnung, Schlepper aufgebockt und Bereifung drucklos. Der Reifendruck macht die Bereifung nach längerer Zeit rissig. Deshalb haben die meisten Dornröschen bis auf die aufgebockten und druckentlasteten poröse Reifen. Gegen das Schwitzen nach einer Frostperiode wird der Trecker mit einer dünnen ausreichend großen Malerfolie abgedeckt. Auf dieser Folie kondensiert die warme Luft nach Frosttagen bei Tauwetter . Dabei wird die Folie nass und bleibt der Trecker trocken. Viertaktmotoren sollten 1x monatlich von Hand verdreht werden, so dass bisher zusammengedrückte Ventilfedern entspannen können.
Oskar Sellschopp