Fingerbalken-Mähwerk

Zur Geschichte: Bis Ende der 1920er Jahre wurde Gras und Getreide noch oft mit der Sense gemäht wie zu Heu auf dem Bild unten. Das war Schwerstarbeit noch dazu unter Zeitdruck; denn alles Erntegut einer Parzelle soll auch heute noch möglichst gleichzeitig mit der Trocknung beginnen. Deshalb mussten alle verfügbaren Kräfte also auch Frauen mit ran.
Die Gespannmähmaschine ist eine amerikanische Erfindung und wurde 1834 patentiert. Sie brachte auch hier bald einen enormen Fortschritt zur Entlastung und Beschleunigung der Erntearbeiten und fand Verbreitung bis in die kleinen landwirtschaftlichen Betriebe. Das Schneidprinzip ähnelt dem einer Schere und besteht aus einer Reihe starrer Finger mit aufgenieteten Schneid= oder Gegenplatten und einem beweglichen so genannten Messerbaum mit vielen nebeneinander aufgenieteten Messerklingen. Wie bei einer Schere müssen beide Teile scharfkantig und eng zueinander eingestellt sein. Wenn dieser Zustand durch Abnutzung und Überbeanspruchung verloren geht, lässt die Schneidleistung nach und häufen sich Verstopfungen des Mähwerks.

Der hier so genannte Gespann-Grasmäher wurde von seinen Laufrädern angetrieben und war dadurch extrem störanfällig. Bei Ermüdung der Zugtiere häuften sich Verstopfungen, die nur im Stand beseitigt werden konnten. Und das wurde bei Überfällen von Stechfliegen schon mal richtig gefährlich.

Das Schleppermähwerk am Lanz-Bulldog wurde Ende der 1930er Jahre eingeführt und direkt vom Motor angetrieben. Dadurch konnte mit größerer Arbeitsbreite ohne Ermüdung gemäht und ohne Messerstopp rangiert und Verstopfungen beseitigt werden. Das war wieder ein großer Fortschritt aber zunächst nur für große Betriebe, die sich so eine Maschine leisten konnten.

Später rüsteten fast alle Schlepper-Hersteller ihre Traktoren mit Seitenmähwerken aus. Dabei war wichtig, dass der Antrieb nicht über die Zapfwelle sondern direkt vom Motor also kupplungsunabhängig erfolgte. Nach Einführung der Doppelkupplung gab es antriebsmäßig keine Probleme mehr.

Die Schwächen des Fingerbalken-Mähwerks bei verfilztem Mähgut, Steinen und Maulwurfshügeln führte zur Entwicklung des fingerlosen Busatis-Doppelmesser-Mähwerks. Es fand in der Landwirtschaft aber nicht mehr die Verbreitung, die es verdient hätte, wird aber immer noch zur Pflege von Straßenrändern und kommunalen Einrichtungen einschließlich Heckenschnitt verwendet.
Dieses Mähwerk läuft unter fast allen Bedingungen störungsfrei.

In den 1950er Jahren wurden von Lohnunternehmen und Großbetrieben erstmalig Kreiselmäher eingesetzt, die über dem Fußteller von 2 schnell laufenden Trommeln je 2 bewegliche, leicht auswechselbare Messerklingen hatten. Die beiden Fußteller bildeten das Fahrgestell des Mähwerks. Der Mäher war als Seitenmähwerk für die 3-Punkthydraulik vorgesehen und lief bei großer Geschwindigkeit absolut störungsfrei. Wer sich jetzt noch mit seinem Fingerbalken-Mäher herumplagen musste, träumte von so einem Gerät. Kreiselmäher verlangen aber wesentlich stärke Antriebe als Balken-Mäher. Trotzdem setzten sie sich schnell in der Landwirtschaft durch und wurden in immer größeren Arbeitsbreiten und Bauformen angeboten. Sie ermöglichen größtmögliche Zuverlässigkeit bei kaum vorstellbaren Flächenleistungen.

Bei Kontakt mit Steinen brechen die Messerklingen, werden mit großer Wucht in die Gegend geschleudert und gefährden Menschen und Tiere in der Nähe. Deshalb sind Kreiselmäher immer mit einem Schutzschirm versehen, der unbedingt intakt sein muss.

Aufbau und Einstellung vom Fingerbalken-Mäher.
In der Landwirtschaft wurden meistens Mittelschnitt-Mähbalken eingesetzt, um sowohl Gras als auch Getreide mähen zu können. Hochschnitt Mähbalken wurden im Mähdrescher eingesetzt und Tiefschnitt-Mähbalken für Rasenschnitt und feines Wiesengras. Die Grafik rechts zeigt, warum das so ist.
Anhand der Grafik kann jeder nun seinen Mähbalken einordnen.
Jeder Dorfschmied konnte die wichtigsten Verschleißteile wie Klingen und passende Nieten auf Lager halten, weil alle Standart-Mäher und Mähdrescher dieselben Klingen nach DIN 75 hatten. Deshalb lässt sich auch anhand der Klingenzahl geteilt durch 4 die Arbeitsbreite des Mähbalkens in Fuß errechnen. Danach hat ein Mähbalken mit 20 Messerklingen eine Arbeitsbreite von 5Fuß.

Die Finger sind nicht alle gleich breit sondern dem Mähbalkentyp für Tief=, Mittel= und Hochschnitt angepasst. Der Fingerabstand bei Tiefschnitt ist kleiner als bei Mittelschnitt und wesentlich kleiner als bei Hochschnitt. Deshalb haben die Finger entsprechend lange Seitenstützen und sind Doppelfinger unterschiedlich breit. Damit sie sich nicht seitlich verdrehen können, sind im Mähbalken auch Doppelfinger eingebaut, an die sich die übrigen Finger mit ihren Seitenstützen anlehnen.

Auf dem Bild rechts sind die aufgenieteten Schneid= oder Gegenplatten gut zu erkennen. Wenn die Kanten abgenutzt und rund geworden sind, empflielt sich ein Ausnieten aller Schneidplatten. Sie können dann umgedreht wieder verwendet werden, wenn die Kanten der Rückseite noch scharf sind. Andernfals müssen alle Schneidplatten auf die gleiche Stärke abgeschliffen oder ersetzt werden.
Wenn sich die Messerklingen von den Schneidplatten abheben, müssen von den oberen Ausgleichscheiben aller Druckplatten entsprechend viele entnommen und unten eingefügt werden. Der Messerbalken darf aber nicht klemmen.
Alle Kontaktflächen zwischen den Druckplatten und dem Messerbaum sind auch während der Arbeit gut mit der Ölkanne einzuölen. Im Internet sind noch fast alle Verschleißteile für den Fingermähbalken zu bekommen wie Messerklingen + Nieten, Einzel= und Doppelfinger, Schneidplatten +Nieten, Reinigungsplatten +Nieten, Druckplatten und Ausgleichscheiben.

Nach Fertigstellung des Mähbalkens und Zusammenbau des ganzen Mähers muss die Voreilung bei abgelassenem Mähbalken entsprechend der linken Skizze eingestellt werden.

Die richtige Länge der Kurbelstange wird bei einsatzbereiter Maschine und völlig abgelassenem Mähbalken kontrolliert. Sie ist richtig, wenn der Hubwechsel entsprechend der Skizze rechts erfolgt. Andernfalls kann es zu unruhigem Lauf und Bruch der Kurbelstange kommen. Sie wird aus Eschenholz nachgefertigt.

Beim Anheben des Mähbalken auf ca 25cm Höhe bei laufender Maschine und leicht angewinkeltem Mähbalken wird das Messer nicht abgeschaltet. Beim Anheben in Transportstellung wird der Mähbalken mit 90° angewinkelt und das Messer automatisch abgeschaltet. Beim Transport muss der Fingerschutz unbedingt montiert sein, um Niemanden zu gefährden.

Wenn Du einem gut eingestellten Gespanngrasmäher bei der Arbeit zusehen möchtest, klick einfach mal auf das obere Bild links.

Und wenn Du einem mit großer Geduld restaurierten und ebenfalls gut eingestellten Lanz-Anbaumähwerk bei der Arbeit zusehen möchtest, klick einfach mal auf das untere Bild links.

Der Besitzer und Fahrer ist nicht als Meister vom Himmel gefallen und ist nicht auf einem Bauernhof groß geworden. Umso ernsthafter, fleißiger und geduldiger hat er sich in die Materie rein gekniet und lernt jetzt im Zeitraffer, was sonst Jahre dauert. Die sichtbaren Fortschritte sind der Lohn für alle Mühe.
Viel Spaß beim Anschauen wünscht Oskar