Schnelle Getriebeübersetzung am Ursus C45

Den Eingriff ins Getriebe haben wir alle heil überstanden und waren nach der Probefahrt mehr als zufrieden.
Ein nachfolgendes Auto hat die erreichte Geschwindigkeit mit 32 km/h ermittelt. Dabei kamen keine verdächtigen oder unangenehmen Geräusche aus dem Keller. Auch ließ sich der schnelle Ursus ausgezeichnet hoch und runter schalten, bekam aber bei dem Tempo Probleme mit heftig schlackernden Vorderrädern. Wir konnten das innerhalb einer Stunde beheben und das Problem in einer zweiten Probefahrt abhaken.

Auf Einzelheiten hierzu komme ich in meinem folgenden Bericht. Und den möchte ich hiermit beginnen, ehe die grauen Zellen streiken. „Kannst Du mir bei der Montage von schnellen Getrieberädern an meinem Ursus helfen? Manni kommt auch. Der kennt was davon. Ich hol Dich ab. Meine Frau versorgt uns gut, und Du bekommst 50 Blanke pro Tag drauf zu.“ Ich hab das noch nie gemacht, wollt`es aber mal sehen. Also sagte ich zu. Um genau mitzukriegen, was da vor sich ging, fragte ich Dirk nach seinen Erfahrungen. Die hatten seine grauen Zellen aber bereits als erledigt abgehakt und unter ferner liefen ganz weit weg verstaut. Dirk hat sich aber sehr bemüht und sein Gedächtnis gequält. Auch hat er mir Michaels Adresse empfohlen.

Leider blieb dafür keine Zeit, so daß ich in der Nacht vorher mit meinen „Heinl“ ins Bett ging und von nichts anderem mehr geträumt hab. Und das war gut so; denn nicht nur Dirks Erinnerungen waren verblasst sondern leider auch Mannis. Und so haben wir ein ganz tolles Team gebildet aus dem völlig ahnungslosen Hermann, dem gedächtnisschwachen Manni und dem Klugscheißer Bulli mit seinem tollen Bücherwissen. Wir vertrugen uns aber so gut, daß schon am 1.Tag zur Kaffezeit wieder alles an seinem Platz war. Und dabei denk ich dankbar auch an die sehr ausführliche Beschreibung in Ernst Heinl`s Restaurationsanleitung für Glühkopf Bulldogs und sogar einige von Dirk seinen Tipps.

Der Ursus war bereits vorbereitet worden und stand hinten aufgebockt ohne Hinterräder, Kotflügel und Getriebedeckel in der gemütlich aufgeheizten Bauernwerkstatt. Neben ihm lagen die neuen Zahnräder für die Veränderung der schnellen Gruppe und zwar einem neuen Schieberad mit größerem Schnellgangritzel und einem verkleinerten Gegenrad auf der 4. Welle. Auf der 3. Getriebewelle sitzt fest eingespannt das große Antriebszahnrad und daneben das Schieberad mit dem kleinen Ritzel für die Ackergänge und großen für die Straßengänge. Mit dem Gruppenschalthebel wird dieses Zahnradpaar wahlweise als Ackergang zwischen dem kleinen Ritzel und einem großen Zahnrad auf der 4. Welle oder als Straßengang zwischen dem großen Ritzel mit einem fast gleich großen Gegenrad geschaltet.

Hermann schickten wir nach 4 sauberen Pappkartons und schwarzem Marker für die entsprechenden Aufschriften 4r - 4l – 3r – 3l, damit die Lagerteile nicht durcheinander gerieten.Laut Ernst Heinl“ wird vor der Schrauberei der Istzustand geprüft. Danach war das Axialspiel aller 4 Wellen in Ordnung. Die Räder auf der 4. Welle waren aber nicht fest verspannt. Die Getrieberäder sahen sehr gut aus. Lagergeräusche waren beim Durchdrehen nicht feststellbar und konnten nach Befragen des Besitzers ausgeschlossen werden. Den ließen wir erst mal das Öl ablassen, damit sich darin nichts verstecken konnte. Manni und ich lösten die Wellenmuttern der 3. und 4. Welle, als Hermann ein Klagegeheul anstimmte; denn unter uns breitete sich ein See von grau-braunem Sirup aus. Man soll eben nicht schnell mal eine schmöken bei so wichtigen Aufgaben.

Anders als bei Heinl wollten wir nur die beiden betreffenden Wellen montieren bei angeflanschtem Getriebe. Das ging auch ganz hervorragend. Demontage Bremshebelwelle mit Ölrinne
Demontage der hinteren Schaltstange. Dazu erst den Kegelstift rechts von unten nach oben herausschlagen und die Welle vorsichtig nach rechts austreiben und dabei die Sperrklinke anheben, damit sie nicht abbricht. Wenn die Stange heraus ist, läßt sich auch die Schaltgabel herausnehmen und auf Schäden vorrangig an der Feder überprüfen.

Handbremsscheibe von der 4. Welle abziehen, Wellenmutter rechts abschrauben und Welle von rechts nach links mit einem schweren Hammer und Aluminiumdorn austreiben. Dabei fällt zuerst der linke Lageraußenring mit den Rollen heraus. Wenn das große Zahnrad am Differentialzahnkranz zur Anlage kommt, streift der rechte Lagerinnenring von der Welle. Danach können nacheinander das große Zahnrad, das breite Antriebsritzel für das Differential und dann das Zahnrad der schnellen Gruppe abgestreift und nach oben herausgenommen werden.

Zwischen dem großen Zahnrad der 4. Welle und dem breiten Ritzel saß bei unserem Ursus ein Ölschaufelrad ohne Verzahnung auf der Welle. Um das große Rad besser herausheben und später wieder an seinen Sitz bugsieren zu können, haben wir eine Bandschlaufe durch eines der großen Löcher gezogen. Auch der rechte Lageraußenring sollte zur leichteren Montage der 4. Welle und des rechten Lagerinnenringes herausgeklopft werden. Die 3. Welle hat nur links eine Wellenmutter. Nach Entfernen wird die Welle von links nach rechts herausgeschlagen, bis der rechte Lageraußenring herausfällt. Danach läßt sich die Welle nach oben komplett herausnehmen, der rechte Lagerinnenring mit einem Abzieher von der Welle holen und das Schieberad abziehen.

Jetzt kann man praktisch das neue Schieberad mit dem großen Ritzel voran wieder aufschieben, dann den rechten Lagerinnenring und die Welle wieder einsetzen. Davor empfiehlt sich aber eine Mittagspause, in welcher die mit Anhänger gezeichneten Lageraußenringe in der Gefriertruhe zum leichteren Einbau schrumpfen und die ebenfalls gezeichneten Lagerinnenringe auf der Herdplatte erwärmen und zum leichteren Auftreiben sich weiten. ( Keineswegs mit Flamme erhitzen!).

Nach Einsetzen der 3. Welle und des rechten Lageraußenringes bis ca 5mm Überstand wird die Wellenmutter links stramm angezogen, bis das große Antriebszahnrad links nicht mehr wackelt, dann die Mutter gesichert. Wir haben das mit einem Schweißpunkt gemacht, der leicht wieder entfernt werden kann und die Welle nicht erhitzt. Danach wird der linke Lagerdeckel mit neuer Dichtung montiert.

Die 4. Welle wird von links nach rechts in das Getriebe geschoben und zuerst das neue Rad für die schnelle Gruppe aufgezogen, dann das breite Antriebsritzel für das Differential, dann das Ölschaufelrad mit den Schaufeln nach hinten zum Ritzel, dann das große Zahnrad für die langsame Gruppe und zum Schluß der Lagerinnenring rechts. Danach werden beide tiefgefrorenen, gut geölten Außenlagerringe links und rechts bis ca 5 mm Überstand in die Getriebeöffnungen und über die beiden Lagerinnenringe geschoben, die rechte Wellenmutter aufgeschraubt, kräftig festgezogen, abgesichert und der linke Lagerdeckel mit neuem Filzring und neuer Dichtung angeschraubt. Danach wird die Handbremsscheibe auf die Welle geschoben, mit der Wellenmutter festgeklemmt und die Wellenmutter gesichert.

Das Lagerspiel der 3.und 4. Welle wird nach Montage der beiden rechten Lagerdeckel mit neuen Dichtungen kontrolliert. Es soll 0,5 – 0,9 mm betragen. Keinesfalls darf das Spiel aufgehoben sein oder die Wellen klemmen. Sie sollen ganz leicht drehen. Bei zu großem Spiel muß die Dichtung dünner werden oder zusätzlich eine Distanzscheibe hinein. Bei zu wenig Spiel entsprechend umgekehrt eine dickere Dichtung oder eine Distanzscheibe heraus. Bei unserem Ursus ging es rein wie raus 1 zu 1 und darum alles wie geschmiert

Jetzt erfolgt eine nochmalige Überprüfung des gesamten Getriebes auf eingedrungene Fremdkörper und der Leichtgängigkeit in allen Gängen. Dabei soll endgültig geprüft werden, ob alle Räder in ihren zugedachten Positionen laufen und genügend Abstand zueinander haben. Da unsere neuen Räder aus Westerholz außer den geänderten Umfängen die gleichen Maße hatten wie die alten, gab es keine Schwierigkeiten. Danach wird die Schaltgabel wieder eingesetzt und die Schaltstange von rechts nach links mit den Kerben nach oben und der Bohrung nach außen in die Getriebebohrung und durch die Führung in der Schaltgabel geschoben. Dabei muß die Sperrklinke angehoben werden, damit sie nicht in die Kerben der Schaltstange einrasten kann. Zum Schluß wird der Kegelstift zur Sicherung wieder von oben nach unten in die Kegelbohrung getrieben. Danach wird wieder das Rohr für die Handbremswelle mit der Ölrinne montiert, die Welle durchgeschoben, verschraubt und gesichert.

Vor der Montage des Getriebedeckels läßt sich das Öl am leichtesten einfüllen. Unbedingt 140er Getriebeöl verwenden, wie es von Lanz vorgeschrieben und in 20 ltr. Gebinden noch erhältlich ist. Kleine Mengen werden bei freundlichen Volvo LKW Werkstätten abgefüllt. Bei der Probefahrt zeigte sich der aufgemotzte Ursus von seiner besten Seite, war schnell, leicht hoch= und runter-schaltbar, spritzig und ohne Mißtöne aus dem Getriebe. Aber die Vorderräder schlackerten wie verrückt.

Mein Verdacht fiel auf eine negative Vorspur durch Verschleiß an den Achsschenkeln. In den Kronenmuttern steckten Nägel, die Bolzen waren fest, auf einer Seite sogar verschweißt. Also Wagenheber unter, Räder ab und Spurstangengelenke erhitzt. Dadurch bekam ich die Excenterbolzen heraus, konnte sie am Schraubstock bearbeiten, die Fettgänge erneuern, wieder einsetzen und gegen den Verschleiß an den Achsschenkeln mehr Vorspur einstellen. Ein Nachmessen ergab ca 13 mm. Gegen Verdrehen der Bolzen mußten aber noch neue Anschläge angeschweißt werden. Danach wieder Heizlampe unter, Ursus an und wieder raus zur Probefahrt. Und siehe da: er lief wie auf Schienen, ruhig und elegant. Dieses berichte ich hier nur, weil der Fehler häufig mehr Kopfschmerzen macht als nötig ist.

Oskar