Charly

Charly ist mein Freund geworden und brauchte nicht mal lange dazu.
Als ich mir im April 2005 mit Heiner zusammen bei Karl-Heinz den neuen Ursus angucken wollte, wieselte er um mich herum und wollte mit mir spielen. Ich mag solche Hunde wie ihn. Und das muß er wohl gemerkt haben.
Der Ursus war damals zerlegt und seine Technik für Karl-Heinz völlig fremd. So boten wir Hilfe an. Heiner konnte Erfahrung mit Rolands 25er Glühkopfbulldog aufweisen und mit seiner Mechaniker-Tätigkeit beim Bund. Ich hab mal mit 15 Jahren einen 3-tägigen Bulldoglehrgang für Neu-Besitzer mit größter Aufmerksamkeit verfolgt, ab und an mal den Bulldog auf unserem Hof fahren dürfen und später mit Erfolg einige Male große Glühköpfe angeworfen. Zudem war ich Besitzer eines kleinen Halbdiesel-Bulldogs und hatte Kontakt zu einem zwar schon alten aber immer noch rüstigen und immerhin echten Lanz-Monteur.So hefteten wir uns an Kalles Fersen und Charly sich an die meinen. Wenn Kalle später mit seinem Audi bei mir einbog, um mich zum Ursus-Schrauben bzuholen, war Charly mit von der Partie. Wie konnte er sich freuen.
Kein Mensch bringt so etwas zuwege. Natürlich saß er auf meinem Schoß, die Vorderpfoten auf dem Armaturenbrett.
Charly Er bekam auch alles mit und gab mir  immer mal ein Küsschen, wie es sich für Verliebte gehört. Und dann mußte er alles zeigen, was es an neuem Spielzeug und Künsten gab. Und immer schnell mal vom Ursus weg und rum ums Auto und Fangen spielen.Dagegen war der Ursus ein griesgrämiger alter Bock, der sich auch mit größter Anstrengung nicht aus seinem Schmollwinkel rauslocken ließ.
Das fing schon an, als die geschliffene Kurbelwelle zurück ins Kurbelgehäuse sollte, und die Rollenlager nicht passten.
CharlyDa gibt es schon unvermutete Unterschiede zum identischen 45er Bulldog. Und das hat uns oft zu schaffen gemacht. Aber es waren auch andere Dinge, die eine Wiederbelebung so erschwert haben.Der Ursus war sehr verschlissen und an vielen Stellen unsachgemäß repariert. Auch war er von Kalle in zerlegtem Zustand gekauft und seine Teile von verschiedenen Treckern zusammengesucht. So passte Vieles nicht zusammen.
Bei meinem ersten Besuch entdeckte ich einen mit schwarzer Farbe dick übermalten Flicken auf dem Kurbelgehäuse von gut 25 x 35 cm. Den wollte ich nicht einschätzen un riet zu dem alten Lanz Monteur. Und das war gut. Sonst hätten wir ihn trotz aller Bemühungen nicht zum Laufen gebracht. Seine Strategie sah 2 Besuche vor : Der erste Besuch Charlysollte für die Beurteilung, das notwendige Zerlegen und die Aufträge für die Reparatur der schadhaften Teile sein. Beim 2.Besuch sollte alles zusammengebaut und die Maschine gestartet werden. er beinahe wurde der 4.Besuch nötig, einer sogar bis nach Mitternacht.

Dazu kamen ungezählte Fahrten, um mich zu holen. CharlyAuch dachte unser Bollerjahn nicht daran, sich gleich mit dem Lenkrad anwerfen zu lassen, kam aber mit Eicher-Hilfe auf Trab...und wie. Es dröhnte, als schösse eine Kanone  ihre Salven ab. So kamen die ersten Probefahrten und neue Erkenntnisse. Ein falsch herum eingebauter Ring auf der Kupplungsseite der Kurbelwelle war für die Schwergängigkeit verantwortlich. Der Flicken auf dem Kurbelgehäuse war stark undicht und zwang zu ernsthaften Überlegungen. "So machten sich denn auf auch Maria und Josef..",heißt es in der Weihnachtsgeschichte. Wir aber mußten nur 6 km weiter zu einem Schmied, der sich an die unvorstellbare Aufgabe traute, einen Flicken in dieses riesige Gußloch zu schweißen. Der Ursus aber war für jedenverfügbaren Transporter zu schwer. Also haben wir ihn geschleppt .... querfeldein auf Schleichwegen .... wegen der fehlenden Schleppgenehmigung.  Und dann haben wir den Schmied bestaunt, der sich an diese schwierige Reparatur traute. 

Charly Die Rücktour nach einer Woche war schlimm; denn sie fand in dichtem Schneetreiben statt und konnte wegen Platzmangel beim Schmied nicht aufgeschoben werden. Hätte der Ursus mit seinen stattlichen 45PS uns nicht fein dabei helfen können ? Denn das Loch war dicht.. und wie schön,  der Tank wieder drauf und Diesel drin. Aber er sprang einfach nicht an, nichts zu machen.
Schließlich mußten wir kurz vor Dämmerung den Schleppzug in den Schnee beginnen.  Mit 25 bayerischen PS und Karacho ging es durch die Wehen. Irgendwann saßen wir richtig fest und wurden nur durch Vorspan eines 15er Deutz vor unseren 25er Tiger wieder flott. 
Charly Heute lachen wir darüber; denn es ist ja lange her ... fast ein Jahr. Inzwischen ist der Ursus zu einem freundlichen Gesellen geworden, mit Laufkultur und Sound statt Krach. Auch wenn vielleicht nur Kalle und ich das so empfinden, ist doch etwas dran. Auch das Anwerfen per Lenkrad klappt tadellos, wenn auch noch nicht immer auf den ersten Schlag.
Dazwischen aber liegen unendliche Probefahrten, bei denen Charly wie immer vorweg lief. Nicht einmal das anfängliche Donnergetöse hat ihn abgehalten, das eine den Weg kreuzende Katze so erschreckt hat, daß sie mit jedem Schuß ein Stück länger zu werden schien.
Immer, wenn nach Verbesserungen die Heizlampe am Ursus hing, wartete Charly schon an der Hofausfahrt, daß wir ihm folgen sollten.
CharlySo wurde der Ursus besser und die Ausfahrten länger. Die Vorstellung im Club war fällig und das erste Anwerfen vor Publikum. Und Charly immer dabei. Auch zu Kalle kamen Kollegen mit ihren Treckern wie ich mit meinem kleinen Bulldog, dem Ursus ihren Besuch abzustatten.
Bei einem  dieser Besuche kam mir Charly schon von Weitem mit einem Affenzahn entgegen und hatte dabei so ein Lachen in seinem Gesicht, daß mir das Herz weich wurde. Wie kann ein Hund so seine Freude zeigen, wie es Menschen nur schwer zuwege bringen?
Kalle erzählte mir dann, daß Charly meinen Bulldog schon gehört haben muß und zu jaulen begann, als er für ihn noch lange nicht zu hören war.
Er lief aber später auch einem anderen gleich kleinen Bulldog wie meinem nach, weil er sich von dessen Klang hatte verleiten lassen. Kalle erzählte mir auch, daß Charly oft in seinem Auto mitfährt und zu jaulen beginnt, wenn die Fahrt irgendwann an unserem Haus vorbei geht. Und das ist immerhin 8 km von Charlys zuhause weg.
Ist das nicht eine unglaubliche Leistung für einen so  kleinen Kerl? Und was für eine Freundschaft ist das! Oskar