Zur DLG Ausstellung 1951 in Hamburg präsentierte die
Heinrich Lanz AG Mannheim einen
Geräteträger, der damals revolutionär war
und große Aufmerksamkeit erregte.
Denn in der Landwirtschaft fehlte immer noch ein
vielseitiges Gerät zur Hackfruchtpflege von Kartoffeln und
Rüben und zum Ersatz der letzten noch auf vielen Betrieben
verbliebenen Pferdegespanne.
Kartoffeln, Futter= und Zuckerrüben waren damals noch echte Hackfrüchte und nicht nur dem Namen nach. Sie wurden anders als jetzt vom Auflaufen Anfang Mai bis zum Schließen der Reihen Anfang Juli ohne Pause mit Maschinen= und Handhacke bearbeitet also regelrecht großgehackt. Wer die Entwicklung des Lanz Alldog Geräteträgers heute verstehen möchte, muss sich in diese damaligen Zwänge hineinversetzen und vergessen, dass jetzt in der gleichen Zeit kein anderes Gerät als nur noch die Spritze auf den Hackfruchtschlägen anzutreffen ist.
Auf dem Bild rechts weiter unten ist der Alldog beim Hacken von
aufgelaufenen Kartoffeln in stark hügeligem Gelände
zu sehen, für das er durch seine Hanglenkung bestens geeignet
war.
Nach der DLG startete Lanz eine
Vorführserie durch ganz Deutschland, um den Alldog
Geräteträger bekannt zu machen, und verkaufte ihn
danach in großen Stückzahlen. Es stellte sich in der
breiten Praxis schnell heraus, dass der Alldog sehr brauchbar aber sein
12 PS Benzin-Motor auf größeren Betrieben bei
Dauerbelastung zu schwach und zu durstig war. Schnell wurde der Ruf
nach einem Diesel-Motor laut und zwang Lanz zum schnellen Handeln.
Schon 1 Jahr danach startete Lanz eine
riesige Umrüstaktion auf einen kleinen 13 PS starken
Halbdieselmotor, der aus dem bisherigen Gemo Motor in
kürzester Zeit entwickelt worden war und als
Austausch-Motor nur 100 DM kosten sollte. Dieser Motor war damals wie
schon der Alldog revolutionär; denn technisch war er ein sehr
mutiger Schritt in modernsten Motorenbau mit Aluminiumteilen,
Wälzlagern und konsequenter Anwendung der physikalischen
Hebel= und Kraft-Gesetze. So brachte er bei nur ½ ltr
Hubraum und 3000 U/min stolze 13 PS auf den Prüfstand.
Sein Treibstoffverbrauch war mit 0,8 –1,2 ltr Diesel /Stunde im Schnitt sehr gering, sein Ölverbrauch kaum messbar. Leider zeigte der kleine Diesel auch sofort seine Zähne; denn er war beim Beschleunigen unerträglich laut und brachte thermische Probleme aus seiner Kinderstube mit. Diese ergeben sich zwangsläufig bei einem luftgekühlten Zweitakter Diesel mit so hoher Drehzahl und ohne die verbrennungsfreien Umdrehungen des Viertakters.
Auch die Einspritzorgane arbeiten
thermisch und mechanisch an ihrer obersten
Leistungsgrenze. Die Düsennadel hat kaum Zeit, korrekt zu
schließen, und führt darum leicht zum Dieselqualmen.
Wer den kleinen Krachmacher nicht quälte, ihn dagegen bei
fleißigem
Schalten flott laufen ließ und sich von dem Lärm
nicht genervt fühlte, hatte einen pflegeleichten und braven
Motor in einem hervorragenden Geräteträger.
Leider war es nicht überall so und kam anders als geplant;
denn der kleine Krachmacher geriet Lanz zum Kummerbrocken.
Auf größeren
Höfen mit schweren Maschinen war der Motor zu klein und wirkte
auch in der Öffentlichkeit durch
Lärm und Qualmen so unfreundlich, dass sich schnell eine
allgemeine Abneigung verbreitete. Man mochte ihn nicht. Lanz reagierte
für diese Fälle nicht schnell genug mit einem
erprobten und stärkeren Motor sondern nur mit Verbesserungen
an dem unter Zeitdruck entwickelten kleinen Diesel. Parallel dazu
verstärkte die Fa. wegen der abnehmenden Nachfrage die
Verkaufsanstrengungen und weitete sie über die Landwirtschaft
auf andere Wirtschaftsbereiche wie auch die Kommunen aus.
So wurde das Problem nicht gelöst sondern
verschärft, und es begann für Lanz ein Teufelskreis
zu drehen, der mit Ansehensverlust begann und dem Aus der renommierten
Fa endete.
Dieser Motor hätte eine
längere Entwicklungszeit verdient und mehr
Gerechtigkeit in die an ihn gestellten Aufgaben. Denn der
Geräteträger konnte mehr als sein kleiner Motor.. So
wurde er auch mit schwerzügigen Geräten. wie
Kalkstreuer oder einem kompletten Rübenvollernter
ausgerüstet mit Querschwadablage und sogar einem Kopfputzer.
Die Werbung ließ bei der Darstellung der enormen
Einsatzmöglichkeiten des Alldog die Grenzen des kleinen Motors
unberücksichtigt und führte darum zu vielen Motor
bedingten Fehlkäufen, zu Enttäuschungen und dem
schlechten Ruf. Wo er unter ungünstigen Bedingungen werkeln
musste, waren auch Lanz Monteure häufig zu Gast.
Schlechte Nachrichten verbreiten sich leider schneller und
nachhaltiger als gute und bekommen oft sogar noch Junge, die gar nicht
stimmen. Das war auch damals so.
Da halfen die in allergrößter Hast
entstandenen Verbesserungen wenig, auch wenn sie aus heutiger
Sicht interessant, einfallsreich und sinnvoll waren. Schnell war der
kleine Hoffnungsträger verschrien und ist es bis heute
geblieben .... noch 50 Jahre danach und sogar bei jungen Leuten, die
ihre ablehnende Meinung nur auf
Erzählungen stützen können. Immer wieder stoße ich mit
meinem kleinen Lanz in der Oldtimerszene auf die bekannten alten
Vorurteile: " Motor taugt nichts, billiger
Motorradmotor, Rasenmäher und andere." Daneben empfange ich
auch schöne Signale: "Oh..., der läuft aber prima.
Was hat der für einen Motor? Hat Lanz den
tatsächlich gebaut? Wir kennen nur die langsamen im Bulldog.
Gegen den Lärm wurde mit der Einspritzung, mit Ansauggeräuschdämpfern, Lufthaubenpuffern und verschiedenen Auspüffen experimentiert wie mit dem senkrechten auf nebenstehendem Bild. 1955 bot Lanz den Motor inzwischen zum Volldieselmotor weiter entwickelt erstmalig auch in einem kleinen Tragschlepper in Blockbauweise an. Es war der kleine Bulldog D1306 mit 13 PS, serienmäßiger Hydraulik für Zwischenachsgeräte und Dreipunktgestänge als Sonderausrüstung. Auch dieser damals sehr moderne Schlepper litt unter dem ruinierten Ruf des TWN Diesel.
Der D1306 wurde 1956 von einem nur 11PS starken Kleinschlepper
für Nebenerwerbs= und Kleinstbetriebe ersetzt, in dem der TWN
Diesel auf 2600 U/min gedrosselt, überarbeitet, gummigelagert
und nun als E503
werkelte. Lanz nannte den kleinen Neuen "Lanz Bulli".
In diesem Schlepper wurde der kleine Motor nicht mehr
überfordert und machte auch keinen Ärger mehr.
Die Entscheidungen von Lanz, die Motorisierung des Alldog
betreffend, bleiben unverständlich. Der billige Benzinmotor
hätte auf kleinen Betrieben weiter laufen können,
wenn statt des
kleinen Diesel für die schwereren Aufgaben auf
größeren und zahlungsfähigeren Betrieben
und Kommunen schnell ein bewährter und
leistungsfähiger Dieselmotor wie zu spät beim Alldog
A1806 hätte angeboten werden können. So ging eine
beachtenswerte Motorentwicklung der 50iger Jahre mit den
unglücklichen Entscheidungen von Lanz unter, deren
Gründe und Zwänge wir heute nicht kennen und
beurteilen können.
Ich habe während meiner
Ausbildung den Alldog mehrere Jahre lang auf einem
größeren Hackfruchtbetrieb ständig gefahren
und gute Erinnerungen an ihn. Deshalb wollte ich beim Kauf eines schon
länger im Schrott liegenden und völlig
ausgeschlachteten Lanz Bulli noch einmal ganz genau wissen, was es mit
dem schlechten Ruf wirklich auf sich hat.
Den Motor musste ich aus unterschiedlichsten Quellen
zusammensuchen, wie auch den Starter, die Anhängekupplung und
die Hydraulik. Teile wie Tank, Kupplung, Antriebswelle, Luftfilter und
Schaltung konnten nur durch Improvisation
wieder hergestellt werden. Aber der Motor ist nun wieder ein echter
Lanz TWN und macht sich nach langer und mühseliger
Aufarbeitung sehr ordentlich. Er ist startfreudig, nicht zu laut, ohne
störende Zweitaktfahne und genau so stark, wie ich ihn vom
Alldog erinnere. Seit Wiederzulassung im vorigen Jahr
habe ich fast 1000 km zu Treckertreffs und auf gemeinsamen Ausfahrten
und beim Pflügen zurückgelegt und noch
keinen Ärger gehabt. Dabei hat der Kleine in flotten wie auch
sehr langsamen Gruppen ohne Murren mitgehalten und mit Sicherheit von
allen am wenigsten Diesel und Öl verbraucht. Für 100
km Straßenfahrt wird an der Tankstelle
regelmäßig eine Dieselrechnung von um 5,50 Euro
fällig. Das ist auch über 50 Jahre nach der
Entwicklung des kleinen TWN noch immer eine beachtenswerte Leistung und
auch immer noch ganz im Sinne der heutigen energiebewussten Zeit.
Bei unvoreingenommenen Besuchern findet mein kleiner Lanz viel Anklang und macht eine gute Figur. Mir gefällt er sowieso und macht Spaß.. Lustig oder auch nicht wird es aber, wenn es in den Vorführring geht. Da hilft keine gute Figur und helfen meine Aufzeichnungen auf dem Anmeldeformular wenig. Denn unter "Motor" steht wahrheitsgemäß "Lanz TWN". Und die Reaktion ist immer die gleiche und tönt laut und vernehmlich aus dem Lautsprecher: "Nicht zu glauben, dass es von dem Scheiß noch was gibt."